11.08.2005

Die Regelung von Nahrungsergänzungsmitteln in der EU: 2005, das Jahr des Durchbruchs?

Die Schaffung eines freien Warenverkehrs von Nahrungsergänzungsmitteln in der Europäischen Gemeinschaft war das Ziel der EU-Richtlinie 2002/46/EG. Mit dem Inkrafttreten der Nahrungsergänzungsmittel-Verordnung (NemV) am 28.05.04 vor einem Jahr ist die EU-Richtlinie in deutsches Recht umgesetzt worden. Es ist damit ein rechtlicher Rahmen für Nahrungsergänzungsmittel geschaffen worden.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt wird das Ziel eines freien Warenverkehrs jedoch vor allem aus zwei Gründen nicht erreicht: Zum einen ist unklar, ob neben den bereits in der Richtlinie enthaltenen Kennzeichnungsvorschriften und Regelungen für Vitamin- und Mineralstoffe auch konkrete Vorgaben für andere Substanzen, die für viele Nahrungsergänzungsmittel typisch sind, erarbeitet werden sollen. Die Europäische Kommission wird erst im Juli 2007 prüfen, ob diesbezüglich eine Notwendigkeit besteht. Zum anderen hat der Europäische Gesetzgeber bislang noch keine harmonisierten Höchstmengen für die einzelnen Vitamine und Mineralstoffe festgelegt, so dass die bisherigen z.T. sehr unterschiedlichen nationalen Bestimmungen weitergelten. Von einem harmonisierten Binnenmarkt kann derzeit also keine Rede sein!

Weil aus Sicht einiger kritischer Hersteller und Händler aus Großbritannien eine Vielzahl von Mineralstoffverbindungen in der Richtlinie nicht berücksichtigt worden seien und damit zukünftig verboten wären, hatten diese gegen die Nahrungsergänzungsmittel-Richtlinie geklagt. Am 12. Juli 2005 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) jedoch die Richtlinie bestätigt und die Klagen zurückgewiesen. Durch die Bestätigung der Richtlinie gelten damit für Vitamin- und Mineralstoffverbindungen Positivlisten – d.h., dass in isolierter Form nur die dort genannten Verbindungen eingesetzt werden dürfen. Für alle nicht in der Richtlinie gelisteten Verbindungen, die in isolierter Form zugegeben werden, sind Unterlagen über deren Unbedenklichkeit einzureichen. Mit der Erstellung der Positivlisten ist für die Mitgliedstaaten ein wichtiger Schritt in Bezug auf einen freien Warenverkehr unternommen worden. Auch aus Sicht des Verbraucherschutzes ist diese Regelung sehr zu begrüßen.

Das zweite Hindernis bei der Erreichung eines freien Warenverkehrs - das Fehlen von Höchstmengen für einzelne Nährstoffe durch den Europäischen Gesetzgeber - beruht auf der unterschiedlichen Historie und Einstellung der Mitgliedsstaaten im Hinblick auf das Recht für Nahrungsergänzungsmittel. Im Vorfeld der Verabschiedung der Richtlinie 2002/46/EG konnte daher keine einheitliche Lösung erarbeitet werden.

Die bisherige Praxis in Deutschland, Höchstmengen für Vitamine pauschal am Tagesbedarf (RDA) auszurichten und sie hierdurch von Arzneimitteln abzugrenzen, hat der Europäische Gerichtshof als nicht rechtskonform eingestuft: Der Gerichtshof betonte, dass für die Beurteilung, ob eine Gesundheitsgefahr vorliegt, stets eine Einzelfallprüfung erforderlich ist. Das Bundesinstitut für Risikobewertung hat dieser Entscheidung zum Trotz Ende Januar 2005 erneut ein Diskussionspapier erstellt, in welchem wiederum Vorschläge für Dosierungshöchstwerte nochmals bezogen auf den Tagesbedarf abgeleitet werden. Inwiefern sich dieser Vorschlag gerade auch vor dem rechtlichen Hintergrund halten lässt, bleibt abzuwarten.
Die Europäische Kommission ist sich der Dringlichkeit der Regelung von Dosierungsgrenzen bewusst. Sie will diese zusammen mit einem Vorschlag für die Harmonisierung der Anreicherung von Lebensmitteln regeln.

Trotz aller Probleme wird der Durchbruch für das Jahr 2005 erhofft. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit hat inzwischen eine eigene wissenschaftliche Risikobewertung für fast alle Vitamine und Mineralstoffe vorgenommen. Auf Basis dieser Risikobewertung sind verschiedene Modelle für die Festsetzung von Höchstwerten für Inhaltsstoffe von Nahrungsergänzungsmitteln entwickelt worden, die kontrovers diskutiert werden. Besondere Beachtung fand das Modell der European Responsible Nutrition Alliance (ERNA). Es bleibt zu hoffen, dass man sich alsbald auf ein gemeinsames Modell verständigen kann und die Rechtsetzung nach mittlerweile mehr als 14 Jahren wenigstens für Vitamine und Mineralstoffe abgeschlossen werden kann.

Die Kommission beabsichtigt jedenfalls, noch in 2005 konkrete Vorschläge vorzulegen. Damit würde das wesentliche Hindernis zur Gewährleistung des freien Warenverkehrs für Vitamine und Mineralstoffe aus dem Weg geräumt werden, was aus Sicht der Industrie sehr zu begrüßen ist. Auch dem Verbraucher käme diese Regelung durch das Vorliegen eines breiten Angebots bei gleichzeitig höchstmöglicher Sicherheit sehr zugute. Die heute den unterschiedlichen gesetzlichen Regelungen unterliegenden Produkte wären dadurch zukünftig einheitlicher und damit verbraucherfreundlicher geregelt.
Für Verbraucher und Industrie bleibt zu hoffen, dass 2005 wirklich als das Jahr des Durchbruchs in der langjährigen Geschichte des Rechts für Nahrungsergänzungsmittel eingehen wird.

(Zeichen: 4.666)

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