Stellungnahme des DIÄTVERBANDes
Entwurf der "Einwegkunststoffverbotsverordnung" (Stand 17.04.2020)

Stellungnahme des DIÄTVERBANDes zum Entwurf der Einwegkunststoffverbotsverordnung

Bundesministerium für
Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit
Robert-Schuman-Platz 3
53175 Bonn

13. Mai 2020 Pa/schm

Entwurf „Einwegkunststoffverbotsverordnung“ (Stand 17.4.2020)
HIER: Stellungnahme des DIÄTVERBANDes

Sehr geehrte Damen und Herren,

haben Sie herzlichen Dank für Ihr Schreiben vom 17.04.2020 und die Übersendung des Referentenentwurfs einer Verordnung über das Verbot des Inverkehrbringens von bestimmten Einwegkunststoffprodukten und von Produkten aus oxo-abbaubarem Kunststoff (Einwegkunststoffver-botsverordnung – EWKVerbotsV). Gern nehmen wir die Gelegenheit zur Stellungnahme wahr.

Zunächst möchten wir positiv hervorheben, dass die 1:1-Umsetzung von Artikel 5 der Richtlinie 2019/904/EU in deutsches Recht gut gelungen ist. Auch möchten wir die uns gewährte Frist zur Stellungnahme positiv hervorheben, die eine eingehende Prüfung ermöglicht hat. Dies ist in heutiger Zeit leider keine Selbstverständlichkeit mehr.

Der Verordnungsentwurf dient der Umsetzung des Verbots des Inverkehrbringens von bestimmten Einwegkunststoffprodukten und generell von Produkten aus oxo-abbaubarem Kunststoff gemäß Richtlinie 2019/904/EU. Das Gemeinschaftsrecht listet in Anhang Teil B Einwegkunststoffartikel im Sinne des Artikels 5 auf, deren Inverkehrbringen durch die Mitgliedstaaten zu verbieten ist. Darunter auch ‚Besteck (Gabeln, Messer, Löffel, Essstäbchen)‘. Zu diesem Sachverhalt wäre aus unserer Sicht eine Klarstellung hilfreich.

Zudem möchten wir bereits zum jetzigen Zeitpunkt auf die Besonderheiten sog. Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke aufmerksam machen, falls das BMU zukünftig auch weitere Umsetzungen von Regelungen der Richtlinie 2019/904/EU in deutsches Recht vorsehen sollte. Von Bedeutung sind für uns vor allem die Regelungen zur Verbrauchsminderung, Vorgaben für die Produktgestaltung sowie die Vorgaben für eine Mindestquote für recycelten Kunststoff.

Anmerkungen zum Begriff ‚Besteck‘ - Klarstellung zu Dosierhilfen
Wie vorstehend erwähnt, sieht das Gemeinschaftsrecht ein nationales Verbot des Inverkehrbringens u.a. von ‚Besteck (Gabeln, Messer, Löffel, Essstäbchen)‘ vor. Im Referentenentwurf ist die Klammer aufgelöst, indem eine „insbesondere“-Aufzählung gewählt wurde.

In der Verordnungs-Begründung B. Besonderer Teil wird zu § 3 (Beschränkung des Inverkehrbringens) zur weiteren Erläuterung ausgeführt, dass mit „Besteck alle Werkzeuge gemeint sind, die zur Nahrungsaufnahme verwendet werden. Hierzu gehören aber nicht nur Gabeln, Messer, Löffel und Essstäbchen (siehe die „insbesondere“-Aufzählung)“.

Diese Erläuterung ist in Bezug auf sog. „Dosierhilfen“, die umgangssprachlich häufig auch als „Messlöffel“ bezeichnet werden, ausgesprochen hilfreich, da sie

  • zwar einerseits der Definition eines Einwegartikels entsprechen, deren zentrales Element es ist, dass ein Produkt während seiner Lebensdauer mehrere Produktkreisläufe durchläuft, in dem es zur Wiederbefüllung oder Wiederverwendung zu dem ursprünglichen Verwendungszweck an den Hersteller zurückgegeben wird,
  • und zudem der umgangssprachliche Begriff ‚Mess-LÖFFEL‘ zu Missverständnissen führen kann,
  • andererseits jedoch nicht zur Nahrungsaufnahme bestimmt sind und verwendet werden, sondern zur richtigen Dosierung bei der verzehrsfertigen Zubereitung.

Um jeglichen Missverständnissen vorzubeugen wären wir dankbar, wenn in der amtlichen Begründung klargestellt werden könnte, dass solche alternativlosen Dosierhilfen nicht als „Bestecke“ im Sinne der Begriffsbestimmung des § 3 Abs.1 Nr. 2 anzusehen sind.

Zudem regen wir an, diesen Aspekt in die derzeit stattfindende Diskussion bzw. Abstimmung von Leitlinien zur Auslegung der Richtlinie 2019/904/EU einzubringen. Gemeinschaftliche Auslegungshilfen sind bekanntlich äußerst wichtig und werden Auswirkungen auch auf den Anwendungsbereich und die Auslegung der nationalen Verordnung haben.

Zur Erläuterung:

Kunststoff-Messlöffel werden einer Vielzahl von Lebensmitteln für spezielle Verbrauchergruppen (sog. FSG-Produkte im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 609/2013 (ehemals „diätetische Lebensmittel“)) beigefügt, soweit sie in pulverförmiger Darreichungsform angeboten werden.

Beispielhaft seien folgende Produktkategorien genannt

  • Säuglingsmilchnahrungen („Babymilchpulver“),
  • bilanzierte Diäten („klinische Ernährung“/“Trink- und Sonden¬nahrungen“/Aminosäure-mischungen für seltene Stoffwechselerkrankungen),
  • Mahlzeitersatz und Tagesrationen für eine gewichtskontrollierende Ernährung.

Diese Lebensmittel sind für besonders vulnerable Personengruppen bestimmt. Zum Teil sind sie die einzige Nahrungsquelle. Insoweit kommt es für einen bestimmungsgemäßen und sicheren Gebrauch entscheidend auf die richtige Dosierung und Zubereitung an. Die Messlöffel sind spezifisch auf bestimmte Produkte ausgelegt und häufig nicht einmal innerhalb des Produktportfolios eines Herstellers austauschbar. Dies hängt u.a. mit der Nährstoffzusammensetzung sowie der Schüttdichte der Pulver zusammen. Letztere ist zudem abhängig vom angewandten Herstellungsverfahren und den Bedingungen z.B. der Sprühtrocknung. Der Verbraucher wird über die Kennzeichnung der Lebensmittel auf die Bedeutung der Dosierhilfe besonders hingewiesen, beispielsweise mit folgendem Text:

„In jeder Säuglingsnahrungspackung befindet sich ein Messlöffel, der genau auf das jeweilige Pulver abgestimmt ist. Es ist sehr wichtig, dass das Milchpulver nur mit dem beiliegenden Messlöffel entsprechend der Dosiertabelle auf der Verpackung dosiert wird. Denn nur so wird sichergestellt, dass die zubereitete Nahrung die richtige Nährstoffzusammensetzung hat und das Baby mit allen notwendigen Nährstoffen versorgt wird.“

Die Verwendung von haushaltsüblichen Suppen- und Teelöffeln – wie es z.B. in Kochrezepten üblich ist - verbietet sich wegen der Messungenauigkeiten aus verständlichen Gründen. Zudem sind die besonderen Anforderungen an die Hygiene, gerade im Bereich der klinischen und der Säuglingsernährung, zu berücksichtigen.

Der Vollständigkeit halber sei zudem erläutert, dass die Dosierhilfen, anders als Einwegbesteck, nicht zur einmaligen Verwendung bestimmt sind, sondern während der gesamten Aufgebrauchdauer der Lebensmittel verwendet werden. Diese kann mehrere Wochen bis mehrere Monate betragen.

Ergänzende Anmerkungen für zukünftige nationale Umsetzungsvorhaben der Richtlinie 2019/904/EU

Sollte sich der deutsche Gesetzgeber mit dem Gedanken tragen, weitere Artikel der Richtlinie 2019/904/EU in nationales Recht umzusetzen, möchten wir an dieser Stelle bereits vorsorglich auf die Besonderheiten der Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (sogenannte „bilanzierte Diäten“) im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 609/2013 und delegierter VO 2016/128 hinweisen.

Bei diesen Erzeugnissen handelt es sich um Spezial-Lebensmittel für Patienten, die aufgrund bestimmter Erkrankungen (u.a. Koma, Störungen der Schluckfunktion, passage- und motilitätsbedingte Störungen der normalen Nahrungsaufnahme) nicht mehr in ausreichendem Maße essen können. Die Produkte dienen durch eine definierte, standardisierte und kontrollierte Zusammensetzung einem besonderen Ernährungszweck, indem sie dazu beitragen, eine physiologische Stoffwechselsituation aufrechtzuerhalten oder eine pathophysiologische Stoffwechselsituation zu korrigieren. Die Produkte sind unter ärztlicher Aufsicht im Rahmen ernährungsmedizinischer Maßnahmen zu verwenden. Sie werden weit überwiegend im klinischen Bereich eingesetzt.

Im Zusammenhang mit dem Verpackungsgesetz (VerpackG) hatten wir im Rahmen eines ausgesprochen konstruktiven Gedankenaustausches mit dem Referat WRII2 bereits die Gelegenheit, diese besondere Produktkategorie vorzustellen.

Die Richtlinie 2019/904/EU greift die Besonderheiten bilanzierter Diäten in Teil C Ziffer b), Teil F Ziffer b) in Bezug auf Vorgaben für die Produktgestaltung und Vorgaben für Mindestquoten für recycelten Kunststoff auf. Wir wären Ihnen sehr dankbar, wenn auch diese Regelungsaspekte bei einer eventuellen zukünftigen Umsetzung der Art. 6 und 9 der Richtlinie 2019/904/EU rechtssicher eins zu eins in deutsches Recht umgesetzt werden würden.

Wir wären Ihnen sehr dankbar, wenn unsere Anmerkungen bei den weiteren Beratungen Berücksichtigung fänden. Selbstverständlich stehen wir Ihnen jederzeit gern für Rückfragen und weitere Erläuterungen zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

DIÄTVERBAND e.V.

gez. Norbert Pahne
Geschäftsführer

Quelle: Bundesverband der Hersteller von Lebensmitteln für eine besondere Ernährung (DIÄTVERBAND) e.V. http://www.diaetverband.de

Bei Fragen wenden Sie sich bitte an:

Bundesverband der Hersteller von Lebensmitteln
für eine besondere Ernährung e. V.
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